Jeden Monat stellen die Mitarbeiter*innen der MFG Baden-Württemberg für den Newsletter Digitale Kultur eine besondere Ausstellung oder ein innovatives Vermittlungsformat aus Kunst, Kultur oder (Fach-)Literatur vor. In diesem Monat empfiehlt Veronika Hettich die Ausstellung "Choose Your Filter!" zum Thema Browser Art.
Was hast du dabei?
Ich stelle die Ausstellung "Choose Your Filter! Browser Art seit den Anfängen des World Wide Web" vor, die vom 1. Februar bis zum 24. August 2025 im ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe zu sehen ist. Die Ausstellung gibt faszinierende Einblicke in die sogenannte "Browser Art": Seit den 1990er-Jahren haben Künstler*innen eigene Browser-Anwendungen geschaffen – nicht zur Informationsvermittlung, sondern als digitale Spielflächen, narrative Interfaces oder digitale Leinwand. Die Ausstellung basiert auf zwei Forschungsprojekten des KIT-Instituts Kunst- und Baugeschichte zu Internetkunst.
Was spricht dich an?
Mich fasziniert, wie die Ausstellung die Schnittstelle zwischen Technologie, Kunst und Gesellschaft beleuchtet. Ein Browser wird hier nicht nur als technisches und informationsvermittelndes Werkzeug, sondern als künstlerisches Ausdrucksmittel präsentiert. Das eröffnet eine neue Sicht auf digitale Systeme: nicht nur als funktionale Werkzeuge, sondern als kulturelle Medien – bereit, von uns neu gedacht und gestaltet zu werden.
Hast du eine Lieblingsstelle?
Besonders beeindruckt hat mich der "Web Stalker" der britischen Künstlergruppe I/O/D: ein experimenteller Browser aus dem Jahr 1997, der das Internet auf ungewöhnliche Weise darstellt. Anstatt Webseiten grafisch zu rendern, analysiert er den HTML-Code und visualisiert die Struktur der Seiten als Netzwerkdiagramme. Er fordert die Nutzer*innen heraus, das Internet als Prozess und nicht nur als Oberfläche zu verstehen und lädt dazu ein, Verbindungen zwischen Webseiten zu erforschen. Dies erinnert daran, dass Transformation oft dort beginnt, wo wir gewohnte Strukturen hinterfragen und neu interpretieren.
Wofür und wem empfiehlst du das?
Ich empfehle diese Ausstellung wirklich allen. Es geht nicht nur um Browserkunst, es ist auch ein Spaziergang durch die Internetgeschichte – mit Momenten des Staunens, Schmunzelns und Hinterfragens. Ein Highlight für mich: Ich stand vor einem alten Computer-Set mit früheren Google-Versionen und konnte live googeln wie in den frühen 2000ern. Ich musste lachen (und ein bisschen weinen), als ich mich an das Pfeifen des 56k-Modems und pixelweise ladende Webseiten im Computerraum meiner Schule in Ulm erinnerte. Was für eine Zeitreise. Und was für eine Erinnerung daran, wie sehr sich unsere digitale Welt verändert hat – und wie viel kreatives Potenzial in ihr steckt.